Grube Wolf: Ein berühmter Fundort für Rhodochrosit
Die Grube Wolf im Siegerland in Deutschland erlebte eine lange und wechselvolle Geschichte. Obwohl das Siegerland bekannt für seinen Eisenbergbau ist, sticht die Grube Wolf besonders durch ihre bunten Mineralien hervor. Vorne voran der Rhodochrosit, der von den Bergleuten früher auch als “Himbeerspat" bezeichnet wurde.
Ein „Spätzünder“ mit wechselhafter Geschichte
Beim Studium der historischen Publikationen über Siegerländer Mineralien des 18. und 19. Jahrhunderts fällt auf, dass der Rhodochrosit aus der Grube Wolf nirgends erwähnt wird. Zwar werden die ebenfalls sehr schönen Rhodochrosit- Funde von anderen Siegerländer Bergwerken wie Ohliger Zug, Frauenberger Einigkeit und Louise genannt, doch es finden sich keine Hinweise auf die prächtigen Kristallstufen aus der Grube Wolf, die heute weltweit in Sammlungen verbreitet sind. Erst Rudolf Nostiz lieferte 1912 eine erste ausführliche Beschreibung.
Die späte Beschreibung der Grube Wolf liegt daran, dass sie unter den teils seit dem späten Mittelalter namentlich bekannten Siegerländer Bergwerken eine Art „Spätzünder“ war. Vermutlich kannte man die zu Tage ausstreichenden Eisenerzgänge im Gebiet südöstlich von Herdorf schon lange, doch erst 1834 begann man, die Vorkommen mit einem oberflächennahen Stollen zu erschließen. Aber scheinbar ohne nachhaltigen Erfolg; so wird die Grube 1885 von Alfred Ribbentrop in der Beschreibung des Bergreviers Daaden-Kirchen lediglich als Eintrag im Bergwerksverzeichnis aufgeführt. Das lässt darauf schließen, dass bis zu diesem Zeitpunkt hier keine aufwändigen bergbautechnischen Arbeiten stattgefunden haben. Doch das sollte sich rasch ändern: Schon 1890 begann man, die Lagerstätte über einen Maschinenschacht in größeren Teufen zu untersuchen. Die Ergebnisse waren offenbar so vielversprechend, dass die Grube in den folgenden Jahren weiter ausgebaut wurde.
1917 erwarb die Firma Krupp aus Essen, die zu jener Zeit schon im Besitz zahlreicher anderer Siegerländer Bergwerke war, die Herdorfer Grube und baute die Anlagen weiter aus. Doch trotz recht guter Förderzahlen zwang die anhaltend schlechte wirtschaftliche Lage nach dem 1. Weltkrieg die Betreiber 1925 zur Einstellung des Betriebs. Erst 1937, kurz vor Beginn des 2. Weltkriegs, wurde die Grube Wolf wieder aufgewältigt und sollte fortan stabil in Förderung stehen. Allerdings führten die Kriegseinwirkungen im Jahr 1945 schon bald zur nächsten Betriebseinstellung.
Erst 1953/54 gingen die Lichter wieder an – diesmal allerdings als Verbundanlage mit der benachbarten Grube San Fernando, die ebenfalls gegen Ende des Krieges zum Erliegen gekommen war. Der Schacht von San Fernando wurde nun zum zentralen Förderschacht ausgebaut und beide Gruben wurden untertage miteinander verbunden. Mit einer Belegschaft von zeitweise 670 Bergleuten förderte man täglich rund 750 t Roherz. 1962 waren die abbauwürdigen Erzreserven ausgebeutet, der Betrieb war unrentabel und wurde endgültig stillgelegt. Die Verbundgrube San Fernando – Wolf erreichte eine Gesamtteufe von 930 m.
Bis zum Anschluss an San Fernando hatte die Grube Wolf etwa 1,25 Mio. t Eisenerz gefördert; die Gesamtförderung der Grube San Fernando wird auf rund 6 Mio. t Erz geschätzt. Der Förderturm der Grube Wolf thronte noch ein Jahrzehnt lang auf dem Höhenrücken über dem Hellertal und galt als eines der letzten Wahrzeichen des in den 1960er-Jahren ganz eingegangenen Siegerländer Bergbaus. Aufgrund akuter Baufälligkeit fiel 1975 aber auch dieses Symbol der 2.500 Jahre währenden Siegerländer Bergbautradition lautstark dem Abriss zum Opfer. Heute bedeckt ein Industriegebiet den Standort der früheren Grube Wolf und es erinnern nur noch die prächtigen Mineralstufen an das zeitweise recht bedeutende Bergwerk.
Siderit-Gänge mit Blei-, Zink-, Kupfer- und Nickelerzen
Die bis zu 7 m mächtigen Siderit-Erzgänge der Grube Wolf bildeten den nördlichen Abschluss des sogenannten „Florz-Füsseberger-Gangzuges“, einer mächtigen, etwa 4,5 Kilometer in Nord-Süd-Richtung streichenden Formation. Abgesehen von den genannten Gruben Wolf und San Fernando bauten weitere bedeutende und auch unter Mineraliensammlern bekannte Gruben wie Friedrich-Wilhelm bei Herdorf und Füsseberg bei Daaden Erzmittel dieses Gangzugs ab.
Das Primärerz der Lagerstätte bestand aus Siderit, der mal mehr, mal weniger mit Quarz durchsetzt war. Adolf Hoffmann bemerkte 1964, dass im Bereich der Grube Wolf der Erzgang wohl recht arm an Hohlräumen war, weshalb bemerkenswerte Funde von kristallisiertem Primärerzen nur selten gelangen. Das für die Mineraliensammler interessanteste Primärmineral der Grube Wolf dürfte noch Millerit sein, der 1955 auf der 520-m-Sohle in bis zu 1 cm langen garbenförmig angeordneten oder wirrstrahligen Nadeln gefunden wurde.
Ferner fand man u.a. Quarz-, Galenit-, Sphalerit-, Pyrit- oder Chalkopyrit-Kristalle, zumeist auf einem Rasen aus sehr kleinen blättrigen Sideriten aufsitzend. Ullmannit war als Seltenheit auf der 500-m-Sohle derb bzw. als idiomorphe, im Siderit eingeschlossene Kristalle und Aggregate aufgetreten (vgl. Bode 1980). Alles in allem kennt man diese Mineralien aber von anderen Siegerländer Gruben in besserer Qualität.
Eine himbeerrote Pracht: Die Rhodochrosite der Grube Wolf
Außergewöhnlich ist die im Bereich der Grube Wolf besonders tiefreichende Oxidationszone. Bis zur 400-m-Sohle war der Siderit ganz oder zu großen Teilen in Brauneisenerz (Limonit) umgewandelt. Für die Mineraliensammler war und ist dieser Umstand ein Glücksfall, denn in diesem Bereich wurden großartige Mineralstufen mit Rhodochrosit und anderen Mineralien gefunden. Ehemalige Bergleute berichteten, wie im Licht der Grubenlampe unzählige rote Rhodochrosit-Kristalle in teils mehr als einen Meter großen Drusen funkelten. Man kann nur ansatzweise erahnen, was für ein herrlicher Anblick das gewesen sein muss. Die besten Funde gelangen zwischen der 300- und 350-m-Sohle, in der Übergangszone des Brauneisenerzes zu Siderit. Der nahe Siderit sorgte für das nötige karbonatische Milieu und den Mangangehalt wässriger Lösungen, wodurch ideale Bildungsbedingungen für das Mangancarbonat Rhodochrosit herrschten. Der Rhodochrosit wurde von den früheren Bergleuten als „Himbeerspat“ bezeichnet. Auch heute begegnet man oft dieser Bezeichnung, deren Grund zum einen die mitunter himbeerrote Farbe des Minerals, zum anderen aber auch eine gelegentlich auftretende himbeerähnliche Ausbildung ist. Typisch für die Grube Wolf sind aber vor allem himbeer- bis rosenrote skalenoedrische Kristalle, die eine Länge von bis zu 2 cm erreichen können. Kleine Kristalle sehen eher reiskornähnlich aus.
Streng genommen handelt es sich vor allem bei den größeren Skalenoedern gar nicht um Einzelkristalle, sondern um eine enge Verwachsung zahlreicher Subindividuen, was man beim genauen Hinsehen, spätestens aber in REM-Aufnahmen beobachten kann. Diese Kristalle bzw. Aggregate kleiden rasenartig die Hohlräume in der aus braunem, bisweilen auch ockergelben Limonit und Quarz bestehenden Matrix aus oder vereinen sich zu kleinen Gruppen, durchkreuzen sich teilweise gegenseitig und bilden wundervolle Rosetten – wie leuchtend rote Blumen, die auf einem tief schwarzen Untergrund aus Goethit-Glaskopf sitzen. Andere exquisite Stufen zeigen tropfsteinartige Gebilde, die aus zahlreichen Einzelindividuen aufgebaut oder radialstrahlige kugelig-nierige ausgebildet sind.
Durch Gehalte von Calcium und/oder Magnesium kann die Farbe des Rhodochrosits in blass rote oder hell rosafarbene Farbtöne abdriften, höhere Eisengehalte bewirken eine mehr gelblich-braune Färbung. Bis heute sind die tief roten, schön kristallisierten und reich besetzten Exemplare bei den Sammlern weltweit besonders gesucht und ein Klassiker, der auf dem Mineralienmarkt zu hohen Preisen gehandelt wird. Rhodochrosite aus der Grube Wolf dürften wohl in kaum einer namhaften Sammlung klassischer europäischer Mineralien fehlen.
Kupfer, Cuprit und andere bemerkenswerte Mineralienfunde
Auch andere Mineralien sind in den Sammlungen weit verbreitet. Allen voran das gediegene Kupfer, das auch zu den häufigsten Begleitern des Rhodochrosits zählt. Das Kupfer bildet dann zumeist einfache kleine Blättchen und Tafeln, deren Größe normalerweise um 2 bis 3 mm liegt und nur selten etwa 1 cm erreicht.
Das Kupfer wird in den allermeisten Fällen von einer dünnen Patina aus Malachit, seltener auch Brochantit (etwas dunkler grün) überzogen, was in Kombination mit dem roten Mangancarbonat für einen besonderen Farbtupfer sorgt. Darüber hinaus fand man aber auch besonders schöne, dendritische, verästelte oder farnblattähnliche Aggregate des gediegenen Kupfers. Diese kommen auch ohne Rhodochrosit in den Hohlräumen des Limonits vor und sind bisweilen mehrere Zentimeter lang. Sie sind nicht immer von grünem Malachit überzogen, sondern zeigen sich auch gerne mal frisch, blank und kupferfarben.
emerkenswert, aber nicht sehr häufig ist Cuprit. Nostiz erwähnte zwei besonders gute Funde in den Jahren 1906 und 1909, die zahlreiche Stücke mit scharfkantig ausgebildeten, stark glänzenden Oktaedern geliefert haben. Die tiefrot durchscheinenden, manchmal grau-metallisch glänzenden Kristalle erreichen Größen von wenigen Millimetern bis über 1 cm. Sehr selten fand man die haarförmig-nadelige Ausbildungsform, die auch als „Chalkotrichit“ bezeichnet wird. Malachit bildet mehrere Zentimeter lange nadelig-prismatische Kristalle in radialstrahligen Gruppen. Zudem kennt man reich besetzte Stufen mit zentimetergroßen tafelig-blättrigen Pyrolusit-Kristallen und schöne stalaktitische Gebilde aus „Manganomelan“ (auch als „Psilomelan“ oder „schwarzer Glaskopf“ bezeichnet), bei denen es sich entweder um ein amorphes Manganoxid oder aber um Kryptomelan, vielleicht auch ein verwandtes Manganoxid, handelt. Eine Rarität ist Manganit in kleinen schwarzen und hochglänzenden Kristallen. Denn meist ist dieses Mineral bereits in Pyrolusit umgewandelt. Eher selten begegnet man Stufen mit Lepidokrokit, der in Form der „Rubinglimmer“ genannten Varietät als Rasen aus feinen rötlichen Blättchen den Limonit überzieht.
Weitere mineralogische Seltenheiten, die aber nur in sehr kleinen Kristallen und Ausbildungen entdeckt wurden, sind weißer Chalkoalumit als Pseudomorphose nach Malachit, schwarz glänzender Delafossit als Begleiter von Cuprit und Kupfer, Cerussit (selten Kristalle bis 1 cm), Mimetesit, Skorodit und Pharmakosiderit sowie Philipsbornit und Corkit (beide in ähnlichen gelblichen, spitzrhomboedrischen Kristallen; vgl. Golze et al. 2012). All diese Sekundärmineralien treten in den Hohlräumen des „Brauneisenerzes“ (= Limonit) auf, die häufig von kugelig-nierigem Goethit ausgekleidet werden. Dessen stalaktitische Ausbildungsformen mit einer glänzenden schwarzen, zuweilen auch bunt schillernden Oberfläche erreichen die Dicke eines Arms und Längen von knapp einem halben Meter.
All diese Sekundärmineralien treten in den Hohlräumen des „Brauneisenerzes“ (= Limonit) auf, die häufig von kugelig-nierigem Goethit ausgekleidet werden. Dessen stalaktitische Ausbildungsformen mit einer glänzenden schwarzen, zuweilen auch bunt schillernden Oberfläche erreichen die Dicke eines Arms und Längen von knapp einem halben Meter. Ein mineralogisches „Problemkind“ ist das früher als „Kupfervitriol“ bezeichnete Kupfersulfat Chalkanthit. Nostiz beschrieb dieses als blauen kristallinen Überzug, glänzende nierenförmige Aggregate und kleine Stalaktiten. Sie treten auf einer stark zersetzten Erzmasse mit viel Pyrit auf. Leider dürften die meisten Chalkanthite, die heute in den Sammlungen vertreten sind, meist Züchtungen sein. Markante scharfkantig ausgebildete Kristalle, die teils sogar in Fachbüchern abgebildet wurden, sind häufig Fälschungen. Die Grube Wolf ist vor allem aufgrund des Rhodochrosit-Vorkommens ein weithin berühmter Fundort. Stufen von dort sind sehr begehrt und dies scheint leider Anreiz zu geben, Stufen zu fälschen oder falsch zu etikettieren.