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Die Quecksilbergrube Neue Rhonard bei Olpe im nördlichen Siegerländer Erzrevier

In einer kurzen Blütezeit wurde hier eines der reichsten Quecksilbererzvorkommen Deutschlands abgebaut. Dieser Beitrag beschreibt einige interessante Neufunde von den Halden der Grube.

Matthias Reinhardt

Beinahe übersehen: eines der reichsten Quecksilbervorkommen in Deutschland

Die nördlichsten Vorkommen des Siegerland-Wieder-Spateisensteinreviers reichten bis ins südliche Sauerland hinein. Zu den bekanntesten Fundorten gehörten hier die Kupfergrube Vereinigte Rhonard und die Quecksilbergrube Neue Rhonard am Rhonardberg östlich der Stadt Olpe. Sie werden zu einem Gangzug gezählt, der sich zwischen Littfeld und Olpe in nordwestlicher Richtung auf über 3 km Länge erstreckte (GOLZE et al. 2012). In Bezug auf seine Mineralführung war dieser Gangzug erstaunlich abwechslungsreich. Siderit stellte in vielen Vorkommen das dominierende Mineral dar. In einigen Gruben wie beispielsweise Vereinigte Rhonard fanden sich jedoch auch Kupfererze sehr reichhaltig. Andere Bergwerke des Gangzuges hingegen bauten Galenit ab. Ganz aus dem Rahmen fällt jedoch die Grube Neue Rhonard, die „Roteisenstein“ (Hämatit), Baryt und Cinnabarit (Zinnober) führte.

Vermutlich hat die Kupfererzgewinnung am Rhonardberg schon vor dem 16. Jahrhundert eingesetzt. Die Tatsache, dass die Kupfergrube Vereinigte Rhonard als eine der ersten Gruben des Siegerländer Reviers über eine Wasserkunstanlage verfügte, unterstreicht ihre große Bedeutung. Im Jahre 1809 jedoch galt die Grube als erschöpft, bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde noch ein Nachlesebergbau auf Eisenerz betrieben.

Ausschnitt aus der Gangkarte von Olpe: Die Grube Neue Rhonard ist oben links deutlich mit ihrem Gangverlauf zu sehen. Copyright Matthias Reinhardt
Ausschnitt aus der Gangkarte von Olpe: Die Grube Neue Rhonard ist oben links deutlich mit ihrem Gangverlauf zu sehen. Matthias Reinhardt

Die wirtschaftlich bedeutende Ära der Kupfergewinnung lag schon einige Jahrzehnte zurück, als man sich wenige hundert Meter weiter westlich aufmachte, einen Braun- und Roteisensteingang zu erschließen. In den 1840er-Jahren hatte hier die Grube Neue Rhonard ihren Betrieb aufgenommen. Ihre Blütezeit sollte aber eher kurz sein und einem Erz gelten, das man hier nicht erwartet hatte. In dem maximal 6 m mächtigen „Roteisensteingang“ (Hämatit) fand sich eine bedeutende Menge von Cinnabarit, der teils erdig, überwiegend jedoch kristallin vorkam. Begleitet wurde er von Hämatit, Brauneisenerz, Pyrit, Quarz und Baryt. Das 1863 entdeckte Vorkommen soll eine der reichsten in Deutschland je beobachteten Cinnabaritvererzungen gewesen sein. Die Ausbeute übertraf die von vergleichbaren Gruben in der Pfalz bei weitem. Der Cinnabarit durchsetzte das Hämatit- und Brauneisenerz in bis zu 10 cm breiten, unregelmäßigen Schnüren und bis kopfgroßen Nestern. An den Stellen, an denen er den begleitenden Quarz imprägnierte, bildete er nicht selten kleine Kristalle.

Handstufe (9 x 7 cm) mit Cinnabarit aus dem typischen Erz der Grube Neue Rhonard Copyright Matthias Reinhardt
Handstufe (9 x 7 cm) mit Cinnabarit aus dem typischen Erz der Grube Neue Rhonard Matthias Reinhardt
Zwischen zerfressenem Quarz und Hämatit ist der kristallisierte Cinnabarit deutlich zu erkennen, Bildbreite 10 mm Copyright Matthias Reinhardt
Zwischen zerfressenem Quarz und Hämatit ist der kristallisierte Cinnabarit deutlich zu erkennen, Bildbreite 10 mm Matthias Reinhardt

Das Cinnabarit führende Gangstück erreichte eine Länge von 15 m, ein weiteres, weniger bedeutenderes Gangmittel 7 m. Um aus dem Erz Quecksilber gewinnen zu können, wurde die nahe gelegene Stachelauer Metallhütte, ursprünglich eine Bleihütte, zu einer Quecksilberhütte umgerüstet. Auf dem Höhepunkt der Förderung konnten in den Jahren 1864 und 1865 insgesamt 428 t Zinnobererz gefördert werden. Doch nach 1867 verloren sich bereits die Anbrüche, und trotz ausgedehnter Untersuchungsarbeiten konnten in den folgenden Jahren keine neuen Vorräte entdeckt werden. 1878 wurde die Grube Neue Rhonard stillgelegt.

Kurios: Beinahe hätte man dieses überregional bedeutende Quecksilbervorkommen überhaupt nicht bemerkt. Nachdem die erste Eisenerzausbeute nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte, hatte die Grube Neue Rhonard 1858 einen neuen Besitzer bekommen, der das dunkelrote Wasser der Grube analysieren ließ. Die Analyse ergab überraschend einen Quecksilbergehalt. Das Cinnabarit enthaltende, stark mit tonigen Letten und mit Gangart verwachsene Gestein war zuvor auf die Halde geschüttet worden, wie Grebel (zitiert in NOSTIZ 1912) berichtete. Schon bald war es als Straßen- und Wegebaumaterial weiter verwendet worden. Folglich wurden die neu gebauten Straßen und Wege wieder aufgerissen und der Straßenschotter zur Quecksilbergewinnung verwertet.

Cinnabarit

Die Gruben Neue Rhonard und Vereinigte Rhonard werden oft verwechselt oder für ein und dieselbe Fundstelle gehalten. Jedoch sind die Mineralisationen trotz ihrer räumlichen Nähe grundverschieden. Bei Vereinigte Rhonard hat es sich um eine Siderit-Lagerstätte mit starker Chalkopyrit-Führung gehandelt, die jedoch keinen Cinnabarit führte. Als Rarität entdeckte man hier Millerit sowie Nickelin in Begleitung von Gersdorffit und Pyrargyrit (LASPEYRES 1893). Diese Mineralien fehlen jedoch auf Grube Neue Rhonard. Lediglich Spuren von Chalkopyrit konnten als Neufunde von den Halden belegt werden.

Aus den Betriebszeiten der Grube Neue Rhonard sind einige wenige Cinnabarit-Stufen in den Sammlungen zu finden. Zumeist handelt es sich um derbe erdige oder dichte leuchtend rote Einschlüsse in einer Matrix aus Brauneisenerz (Limonit) und Hämatit. Die Fundortangaben wie „Alte Rhonard“ oder einfach nur „Rhonard“ sind mitunter irreführend und lassen auf die mehrfach genannte, alte Kupfergrube schließen. Jedoch werden alle Cinnabarite aus der Grube Neue Rhonard stammen.

Kleine Cinnabarit-Kristalle auf Quarz, Bildbreite 9 mm Copyright Matthias Reinhardt
Kleine Cinnabarit-Kristalle auf Quarz, Bildbreite 9 mm Matthias Reinhardt
Cinnabarit, teilweise von einer dünnen Limonit Patina überzogen, Sammlung Lothar Neike, Bildbreite 1,6 mm Copyright Matthias Reinhardt
Cinnabarit, teilweise von einer dünnen Limonit Patina überzogen, Sammlung Lothar Neike, Bildbreite 1,6 mm Matthias Reinhardt
Cinnabarit als erdige Krusten auf Hämmatit, Sammlung Lothar Neike, Bildbreite 3,2 mm Copyright Matthias Reinhardt
Cinnabarit als erdige Krusten auf Hämmatit, Sammlung Lothar Neike, Bildbreite 3,2 mm Matthias Reinhardt

Quecksilbermineralien sind außer von Neue Rhonard im Siegerländer Revier hauptsächlich von den Bergwerken um Müsen, Littfeld und Silberg bekannt.

Cinnabarit zwischen Quarzkristallen, Bildbreite 1 mm Copyright Matthias Reinhardt
Cinnabarit zwischen Quarzkristallen, Bildbreite 1 mm Matthias Reinhardt
Hervorragender Cinnabarit-Kristall auf Quarz, Bildbreite 1,8 mm Copyright Matthias Reinhardt
Hervorragender Cinnabarit-Kristall auf Quarz, Bildbreite 1,8 mm Matthias Reinhardt
Cinnabarit und bunt angelaufene Hämatit-Kristalle, Bildbreite 1,6 mm Copyright Matthias Reinhardt
Cinnabarit und bunt angelaufene Hämatit-Kristalle, Bildbreite 1,6 mm Matthias Reinhardt

Vor allem die Gruben Heinrichssegen und Merkur haben gute Cinnabarit-Kristalle geliefert – in einem Steinbruch am Fuße des Kittelsberges unweit der Grube Merkur sollen sie sogar bis 2 Zoll gemessen haben (BISCHOFF 1865) – das sind rund 5 Zentimeter!

Bemerkenswerte Manganmineralien

Goethit als Hauptbestandteil des Brauneisenerzes als auch Hämatit präsentieren sich in Hohlräumen in der bekannten „Glaskopf“-Form. Die hochglänzenden, silberschwarzen Hämatit-Kugeln und -Nieren bezeichnet man im Siegerland auch als „Hydrohämatit“.

Hämatit als 12 x 7 cm große Handstufe Copyright Matthias Reinhardt
Hämatit als 12 x 7 cm große Handstufe Matthias Reinhardt
Bunt angelaufener Goethit, Bildbreite 1 mm Copyright Matthias Reinhardt
Bunt angelaufener Goethit, Bildbreite 1 mm Matthias Reinhardt
Goethit, Bildbreite 1 mm Copyright Matthias Reinhardt
Goethit, Bildbreite 1 mm Matthias Reinhardt

Lepidokrokit kommt untergeordnet vor. Interessanter sind die sekundären Manganminerale, die als Neufunde in den letzten Jahren entdeckt worden sind. Darunter befinden sich mit Hollandit und Lithiophorit zwei Mineralien, die nicht nur als Raritäten für das Erzrevier Siegerland-Wied gelten, sondern zudem auch hervorragend ausgebildet sind.

Nur wenigen ist bekannt, dass Lithiophorit ein schon lange aus dem Siegerland bekanntes Mineral ist, welches aber für mehr als ein Jahrhundert dann völlig in Vergessenheit geraten ist. Kurz nach der Entdeckung in Schneeberg im Erzgebirge hatte LASPEYRES (1873) das Mineral aus der Grube Kalterborn bei Eiserfeld beschrieben, zweifelte jedoch an der Eigenständigkeit des Minerals generell. Erst im Zuge der Arbeiten an dem Buch „Siegerland & Westerwald“ (GOLZE et al. 2012) tauchte die alte Quelle von LASPEYRES wieder auf, nachdem – unweit dieser Fundstelle – in der Grube Römel zwischen Eiserfeld und Neunkirchen ein Lithiophorit-Neufund gelungen war. Die Lithiophorit-Stufen von Neue Rhonard jedoch stellen die Neufunde von Grube Römel deutlich in den Schatten! Für die analytische Bestimmung von Hollandit und Lithiophorit sind wir Herrn Günter BLASS aus Eschweiler zu großem Dank verpflichtet.

Lithiophorit mit wasserklaren Barytkristallen, Sammlung Lothar Neike, Bildbreite 9,5 mm Copyright Matthias Reinhardt
Lithiophorit mit wasserklaren Barytkristallen, Sammlung Lothar Neike, Bildbreite 9,5 mm Matthias Reinhardt
Lithiophorit, Bildbreite 8 mm Copyright Matthias Reinhardt
Lithiophorit, Bildbreite 8 mm Matthias Reinhardt
Lithiophorit, Bildbreite 11,5 mm Copyright Matthias Reinhardt
Lithiophorit, Bildbreite 11,5 mm Matthias Reinhardt

Das Barium-haltige Manganoxid Hollandit bildet große grauschwarze Kugeln und Nieren, die sogenannten „Schwarzen Glasköpfe“, mit radialstrahligem Aufbau. Die kugeligen Aggregate erreichen Durchmesser von 1 bis 2 Zentimetern, attraktive Stufen mit Abmessungen von rund 9 cm stellen gute Vitrinenstücke dar. Auch Lithiophorit überzieht in bräunlichgrauen bis fast schwarzen, „Glaskopf“-artigen Krusten den Quarz sehr flächenreich. Die 1 bis 2 mm dicken Schichten bestehen, wie der Blick durch das Rasterelektronenmikroskop offenbart, aus einer Vielzahl winziger tafeliger Kriställchen.

Eine attraktive Hollandit-Stufe (10 x 8 cm) in ausergewöhnlich großen Aggregaten Copyright Matthias Reinhardt
Eine attraktive Hollandit-Stufe (10 x 8 cm) in ausergewöhnlich großen Aggregaten Matthias Reinhardt

Sulfidische Erzmineralien wie Pyrit und Chalkopyrit scheinen in der Grube Neue Rhonard nur sporadisch in kleinsten Mengen vorgekommen sein. In einem Fundstück von der Halde konnte Chalkosin recht reichhaltig in derben Massen zusammen mit grünem, blättrig-krustigem Brochantit als Neubildung belegt werden.

Brochantit auf Chalkosin, Bildbreite 4,8mm Copyright Matthias Reinhardt
Brochantit auf Chalkosin, Bildbreite 4,8mm Matthias Reinhardt
Chalkosin in derber Masse aus einem Fundstück von der Halde, Bildbreite 4,6mm Copyright Matthias Reinhardt
Chalkosin in derber Masse aus einem Fundstück von der Halde, Bildbreite 4,6mm Matthias Reinhardt

Tonminerale – vermutlich Illit, Muskovit und/oder Silikate der Kaolinit-Gruppe – sind in Spalten und Hohlräumen des Gesteins allgegenwärtig. Als Gangarten kommen Quarz und Baryt vor, derb als auch in Kristallen. Bei den Quarzen handelt es sich zumeist nur um winzige Kristallspitzen, die rasenartig Hohlräume auskleiden. Tafelige oder meiselartig ausgebildete, farblose, weiße, fleischfarbene oder leicht gelbliche Baryt-Kristalle hingegen können mitunter Größen um 1 cm erreichen. Sehr kleine, sekundär gebildete Baryte entwickeln erst unter dem Mikroskop ihre wahre Pracht, wenn sie beinahe transparent und stark glänzend dem Hollandit direkt aufsitzen – eine ungewöhnliche Paragenese.

Sekundärer Baryt auf bunt angelaufenem Goethit, Bildbreite 4 mm Copyright Matthias Reinhardt
Sekundärer Baryt auf bunt angelaufenem Goethit, Bildbreite 4 mm Matthias Reinhardt
Sekundärer Baryt in ausgezeichneter Ausprägung, Bildbreite 5 mm Copyright Matthias Reinhardt
Sekundärer Baryt in ausgezeichneter Ausprägung, Bildbreite 5 mm Matthias Reinhardt
Sekundärer Baryt auf Limonit, Bildbreite 10,5 mm, Sammlung Lothar Neike Copyright Matthias Reinhardt
Sekundärer Baryt auf Limonit, Bildbreite 10,5 mm, Sammlung Lothar Neike Matthias Reinhardt

Fundmöglichkeiten

Die in diesem Beitrag beschriebenen Mineralien wurden in den letzten Jahren auf den Halden – vor allem der Stollenhalde – der Grube Neue Rhonard gefunden. Jedoch muss bemerkt werden, dass trotz relativ großen Aufwands nur sehr wenige Stufen geborgen worden sind.

Kaum mehr zu erkennen; hier befand sich einst der Almaden-Schacht Copyright Matthias Reinhardt
Kaum mehr zu erkennen; hier befand sich einst der Almaden-Schacht Matthias Reinhardt
Eine größere Halde im Grubenfeld Idria II. Copyright Matthias Reinhardt
Eine größere Halde im Grubenfeld Idria II. Matthias Reinhardt
Große Halde der Grube Neue Rhonard Copyright Matthias Reinhardt
Große Halde der Grube Neue Rhonard Matthias Reinhardt

Der größte Teil der Halde besteht aus taubem Gestein und ist von schweren lehmigen Massen durchsetzt, die zum einen das Suchen erschweren und zum anderen eventuell in den Steinen enthaltene Mineralien unkenntlich macht.

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